Meine Woche beginnt mit Sonntag. Denn das ist mein erster Arbeitstag in der Woche. Dieses: Heilige den Feiertag! gilt wohl nicht für Pastoren. (Und Ärzte, Polizisten, Krankenschwestern, Feuerwehrmänner und alle anderen, die Schicht arbeiten. Aber bei denen gibt es Sonntagszuschlag. Bei uns nicht.)
5:15h - Der Wecker klingelt. Natürlich klingelt er nicht wirklich. Und einen Wecker haben wir auch schon lange nicht mehr. Aber: Das iPad began klassische Musik zu spielen, hat irgendwie nicht den gleichen Geschmack. Jedenfalls ist um 5.15 die Nacht zu Ende. Munter bin ich nicht. Muss ich auch nicht. Zähneputzen geht auch im Halbschlaf.
Die nächste Stunde verbringe ich mit Frühstück machen, Sandwiche schmieren, Kind aus dem Bett kippen, nachgucken, oder der Ehemann vielleicht im Bad eingeschlafen ist, e-mails lesen und beantworten, Sachen für die Kirche packen, Pastorkragen suchen und anziehen und Familie und Krims ins Auto zu verstauen.
Danach dann 70 Minuten Autofahrt. Der Ehemann schlummert und schnarcht auf dem Beifahrersitz. Das Ringelkind will wahlweise die Drei ??? hören, absolute Stille im Auto oder singen. Mir würde schon ein bisschen weniger Chaos und Puccini reichen.
7.40h - Ankunft Kirche. Aufschliessen, und zwar: Kirche, Unterrichtsräume, Kirchenbüro, Pastorzimmer, Jugendraum, Flur, Abstellkammer und Gemeindesaal. Jeder Raum hat natürlich seinen eigenen Schlüssel und so habe ich ein Schlüsselbund, das ein Schlossgespenst erblassen läßt.
Der erste Gottesdienst beginnt um 8.15. Bis dahin muss ich mit der Organistin sprechen Meinen Lektor suchen. Dem Kantor beim Anziehen der Robe helfen. Dem Jugendkantor ein bisschen Feuer unterm Hintern machen, damit die Kerzen noch vor dem Gottesdienst angezündet werden, und meine Familie muss auch noch beschäftigt werden.
Dann Gottesdienst Nummer 1.
In der Zeit zwischen den Gottesdiensten (9.30 bis 11) werde ich: Konfirmandenunterricht halten, mich mit einem jungen Paar zur Seelsorge treffen, feststellen, dass ich für den zweiten Gottesdienst weder Lektor, noch Kantor noch Jugendhelfer habe, meine Familie aus meinem Büro werfen, damit ich mich dort mit jemandem treffen kann, um eine Beerdigung zu planen, mich für fünf Minuten beim Kirchkaffee zeigen, 15 Minuten Bibelkreis leiten und um 11h frisch und fröhlich den zweiten Gottesdienst beginnen.
Nach dem Gottesdienst werde ich aufräumen, abschliessen (Schlüssel und Reihenfolge siehe oben) und mich ins Auto setzen um in 70 Minuten wieder zu Hause zu sein. Auf dem Rückweg spielt Benjamin Blümchen, der Ringelmann schläft noch immer oder schon wieder und das Ringelkind kann sein Buch nicht finden.
Zuhause angekommen putzte ich letzten Sonntag erst einmal das ganze Bad, wusch und hing Wäsche auf, kochte Tigerpilze (nudeln mit frischer Pilzsosse) und räumte die Abstellkammer weiter auf.
Nach dem Abendbrot nur noch schnell den Kleinen Mann durchs Bad treiben, gute Nacht sagen, Kuscheln und dann Licht aus.
So, jetzt könnte ich mich eigentlich hinsetz...
Nee, doch nicht. Der Ringelmann braucht Hemden für nächste Woche. Und die sind noch nicht gebügelt. Also schnell ein Hemd für Montag und eins für Dienstag bügeln.
Dann schnell noch den Frühstückstisch decken, Kleidung rauslegen und ab ins Bett.
Ja, wirklich, ich mache eigentlich fast gar nichts am Sonntag.
5 comments:
Na, das hört sich ja wirklich nicht nach einem "gemütlichen" Sonntag zum Entspannen an ;-). Eine Frage sei aber erlaubt, die sich mir die ganze Zeit beim Lesen aufdrängte: Warum müssen denn Ihr Mann und Ihr Sohn den ganzen Zirkus mitmachen? Könnten denn nicht wenigstens die beiden sich einen schönen Vater-Sohn-Sonntag machen? Die Kinder haben ja auch so schon (mit der Schule) genug Stress. LG aus Deutschland, Anja
Anja, die machen den Zirkus mit, weil sie das möchten. Ich zwinge sie nicht dazu. Im Gegenteil, als ich meine ersten Gespräche mit der neuen Gemeinde began, habe ich erklärt, dass meine Familie nicht Teil des Deals ist und dass die am Sonntag machen können, was sie wollen.
Vielleicht gehen sie irgendwann einmal wieder in unsere alte Gemeinde gleich um die Ecke. Oder schlafen aus. Aber bis jetzt gefällt ihnen wohl der Gottesdienst in meiner neuen Gemeinde.
Ich hab hier auch so ein goldlockiges Mädchen, das darauf besteht, mit Papa arbeiten zu gehen. Allerdings muß ich erst kurz vor 10 los, habe 10 Minuten Fahrt (der Motor wird nicht mal warm...), um halb elf gehts los und um 12 ist der letzte aus der Kirche - ich. Und während zwei Stunden sagt das goldlockige Mädchen nicht ein Wort, setzt sich nur auf ihren kleinen Stuhl neben der Orgel, malt und guckt.
Wenn ich aber im Mai nach Rochefort muß - da wird sie, glaube ich, besser zuhause bleiben.
wow, das ist mal ein Terminkalender. Aber lass deinen Mann mal selber Bügeln. Gibt dir ein paar freie Minuten.
Wow was für ein Sonntagsprogramm! Ich werde an Dich beim nächsten Sonntag denken und nieieiei mehr jaammern über einen vollen Sonntag!
Den Schlüsseldienst würde ich allerdings abgeben genauso wie das Bügeln!
Gudrun
Post a Comment