Zugegeben, es liegt eine Woche zwischen dem Eintrag von Montag und diesen hier, aber Dienstag ist Dienstag, oder?!?
Frau Brüllen möchte wissen, was wir so den ganzen Tag machen. Also dann...
Dienstags ist normalerweise der "Jetzt-aber-ran"Tag. Normalerweise werfe ich einen ersten Blick auf die Texte, die am Sonntag im Gottesdienst gelesen werden. Danach plane ich ein bisschen den Gottesdienst für Sonntag, überlege mir, was wir im Konfirmandenunterricht machen wollen, erledige Bürokram, besuche Leute und habe Leute, die mich besuchen.
Normalerweise...
Stattdessen habe ich heute morgen erst einmal eine Stunde mit der Aushilfssekretärin über die anstehenden Gottesdienste während der Heiligen Woche (also der Woche zwischen Palmsonntag und Ostern oder auch einfach vom 24.3. bis 31.3. gesprochen). Danach hatte sich jemand zur Seelsorge angemeldet. Das Gespräch verlief gut. Nicht einfach. Aber gut.
Dann wollte ich mir eigentlich mein Mittag warm machen. Doch bevor ich es überhaupt such unsere dunklen langen Gänge von meinem Büro in die Küche geschafft hatte, klingelte mein Telefon:
"Pastor, hier ist S. Ich brauche Ihre Hilfe. Haben Sie jetzt Zeit?"
Hatte ich und so war S. 10 Minuten später in meinem Büro.
Nachdem wir eine Weile miteinander gesprochen hatten, gestand S. mir, dass S. eine schwerwiegende Straftat begangen hatte - und zwar eine, die ich melden muss. Als Pastorin gilt für mich das Beichtgeheimnis. Jedoch nur so lange es um keine schwerwiegenden Straftaten geht und so lange niemand (weder Beichtender noch andere) in Gefahr sind. Meldepflichtig sind also Körperverletzungen, Sebstmordgedanken, Mordgedanken, begangene Morde und Sexualverbrechen.
Ich habe S. erklärt, dass ich das eben Erzählte melden müsse und Polizei und andere Ämter würde einschalten müssen. Nach einigen Minuten stimmte S. zu und ich tätigte ebenjene Anrufe. Die Polizei kam. Zum Gluck ohne Blaulicht und im Zivilfahrzeug und zur Hintertür, sodass keiner wirklich mitbekommen konnte, was eigentlich grade vor sich ging.
S. wurde verhaftet, ist jetzt im Gefängnis, und in einiger Zeit werde ich beim Prozess aussagen müssen.
(Deutlicher und genauer kann ich das hier nicht schreiben. Immerhin soll es ja vertraulich bleiben.)
Danach habe ich versucht, die Familie zu erreichen, aber ohne Erfolg.
Dass mein Mittag sich nach all dem als Tomatensosse ohne Nudel herausstellte, machte gar nichts mehr. Auch dass ich mein Buch für die Planung des Konfirmandenunterricht nicht finden konnte, war egal. Ich konnte mich eh nicht mehr konzentrieren.
Und so bin ich heute schon früher als sonst nach Hause gefahren. Die Sekretärin hat sich gewundert. Der Küster auch. Gesagt hat keiner was.
Abends kochte ich in Ermangelung des Broccolis nicht wie geplant Broccolisuppe, sondern Nudeln mit Tomatensosse, stellte fest, dass ich letzten Freitag beim Aufräumen meine vier niegelnagelneuen Pastorkragen in den Müll geschmissen habe, während die alten und kaputten sauber gefaltet in meiner obersten Komodenschublade liegen und verlor im Wii beim Autorennen gleich drei Mal hintereinander gegen den Kleinen Mann.
Alles in Allem ein ganz normaler Tag bei Familie Ringel.
Und jetzt gehe ich zu Bett, bevor noch mehr passiert. Und mit einem bisschen Glück klingelt heute Nacht ja nicht das Telefon und ich muss nicht in irgendein Krankenhaus, ein Gefängnis oder Altenheim fahren. Das wäre eigentlich schon alles, was ich mir für heute wünschte!
1 comment:
ich beneide dich nicht!
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